Muckefuck. Berlin. Links. Ungefiltert.

Mittwoch, 03. April 2024

Tierheime und Vierbeiner im Stress:
Aufnahmestopp Tierheim: Hundeführerschein und Senat sollen entlasten

»Wenn wir streiken bleiben Regale leer«:
Heike Dumke, Betriebsrätin der Rewe-Gruppe, im Gespräch über Streiks im Handel


Hauptstadt ohne Hitzeplan:
Steigende Temperaturen gefährden Obdachlose und Alte – einen Aktionsplan will der Senat erst 2025 beschließen
Julia Meier
Guten Morgen,

gab es bei euch am Wochenende hüpfenden Besuch vom Boten der germanischen Fruchtbarkeitsgöttin Ostara, auch Hase genannt? Oder hat sich die eine oder andere über fremde Eier im Nest gewundert? Stockenten brüten jetzt nämlich – und zwar gern mal in Balkonkästen oder auf schattigen Terrassen. Wer Findlingsküken Zuhause entdeckt, ruft am besten das »Ententaxi« vom Naturschutzbund zur Hilfe. Und damit ein heiteres »Hallo« von eurem liebsten Tier-Newsletter »Muckefuck«!

Wilde Stockenten sind Selbstversorger, die nur im Notfall menschliche Unterstützung brauchen. Anders sieht es bei den vielen Haustieren in Berlin aus. Das privilegierteste unter den Wesen des Tierreiches, aka der beste Freund des Menschen, fühlt sich zwar fast überall wohl, von der Ringbahn bis zur Wohnung im 17. Stock – Hauptsache Herrchen ist da.
Aber was ist, wenn Herrchen mit dem Liebling nicht auskommt? Was ist, wenn der Vierbeiner zu teuer wird?

»Rund 1200 Tiere warten derzeit bei uns auf ein neues Zuhause«, sagt Christine Streichan, Pressesprecherin vom Tierheim Berlin zu »Muckefuck«. Mehr als 3800 Tiere hat das Tierheim 2023 aufgenommen und versorgt, vermitteln konnten sie über 2500. Täglich würden im Tierheim etwa 15 Menschen anrufen, weil sie ihren Hund abgeben wollen, berichtet Streichan. Doch das geht zur Zeit nicht – denn das Tierheim kratzt an der Kapazitätsgrenze.

In Berlin werden offiziell immer mehr Hunde gehalten und steuerlich angemeldet: Genauer gesagt waren es 2019 noch 111.000, Ende 2023 131.440 registrierte Vierbeiner. »In der Coronapandemie hatte der Hund vielleicht gut in die Zeit gepasst, weil man mit ihm rausgehen durfte. Dann stellte der eine oder andere fest, dass er doch nicht ins Leben passt oder im Büro unerwünscht ist«, sagt Streichan. Weiteres Problem: Hundeschulen in der Hauptstadt waren während der Pandemie geschlossen. »Jetzt kriegen wir die Quittung: Viele abgegebene und schlecht erzogene Hunde«, klagt Streichan.

»Schwer vermittelbare Hunde sind gleichzeitig Langsitzer«, erklärt die Pressesprecherin. Das heißt, dass die Hunde, die schon mal Menschen gebissen haben oder solche, die einer Rasse mit strengen Auflagen angehören, teilweise Jahre im Heim bleiben und hohe Kosten verursachen. Darum fordert das sich hauptsächlich durch Spenden finanzierende Berliner Tierheim nun den »Tierheim-Euro« vom Land, also einen Euro pro Berliner*in. »Bei Einnahmen von rund 10 Millionen Euro aus der Hundesteuer müsste das doch möglich sein«, sagt Christine Streichan.

Darüber hinaus spricht sich das Tierheim und laut Angaben des Tagesspiegels zuletzt auch die Landestierschutzbeauftragte Kathrin Herrmann für einen Hunde-Führerschein aus. »Der am anderen Ende der Leine, der Mensch, sollte wissen, was er tut«, sagt Streichan, die durch die Maßnahme eine Entlastung der Tierheime erhofft. Denn laut dem Deutschen Tierschutzbund haben rund zwei Drittel der Tierheime einen Aufnahmestopp ausgesprochen und Pflegende arbeiten an ihrer Belastungsgrenze.

Der »Muckefuck« fragt sich, wie zugänglich so ein Hunde-Führerschein für alle Berliner*innen ist. Derzeit kostet der freiwillige Ausweis zwischen 80 und 110 Euro. Eine Übersetzung der Lehrmaterialien gibt es laut »Muckefuck«-Recherche noch nicht. Es bleibt auch offen, wie Menschen ohne angemeldeten Wohnsitz, mit ihrem besten Freund über die bürokratischen Hürden springen können, sollte der Hunde-Führerschein verpflichtend werden. Gerade für Menschen ohne Bleibe, sind Hunde die wichtigsten Begleiter.

Bild des Tages

Coronatrend »Hund« landet immer öfter im Tierheim. | Foto: dpa/Paul Zinken

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Auf der Straße lebende Menschen haben noch mit ganz anderen Problemen als einer potenziellen Hunde-Führerschein-Pflicht zu kämpfen. Eines davon: die Hitze in der Hauptstadt. Die Temperaturen am Wochenende haben bereits fühlen lassen: Der Sommer ist schneller da als man denkt und wird klimakatastrophenbedingt extremer. Dass das keine Neuigkeit ist, sollte Grund genug sein für Maßnahmen zum Schutz vor dem Hitzetod für vulnerable Berliner*innen, wie zum Beispiel alte Menschen oder solche, die auf der Straße leben. Doch der Senat will einen sogenannten Hitzeaktionsplan erst in diesem Sommer erarbeiten und 2025 beschließen.

»Selbst darüber, was uns dann 2025 erwartet, wissen wir nichts«, sagt Koçak. Welche Vorschläge er zur Prävention nennt und warum schlussendlich die pauschalen Minderausgaben auch in dieser Klima-Debatte nicht auszuklammern sind, lest ihr bei meinem Kollegen Patrick Volknant.

Von einem heißen Arbeitskampf kann man für den Einzelhandel sprechen. »Eine Tarifrunde wie diese habe ich noch nicht erlebt«, erzählt Heike Dumke, Verdi-Betriebsrätin der Rewe-Gruppe über einen Arbeitskampf im achten Monat. Verdi bestreikt gestern und heute den Groß-, Einzel- und Pharmahandel für 2,50 Euro mehr pro Stunde. Was Dumke bis zum Sommer erwartet, könnt ihr im Interview meines Kollegen Christian Lelek nachlesen.

Wünscht euch viel Freude beim Austüfteln toller Sommerpläne,
Jule Meier vom Team Hauptstadtregion
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Was heute noch wichtig ist:

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Der ehemalige Leiter des Versöhnungszentrums der Kathedrale von Coventry in England fordert Entfernung des 2004 übergebenen Nagelkreuzes, wenn der Militäraltar bleibt.

Karsten Krampitz

Palästina-Kongress unter Beobachtung

Der internationale Palästina-Kongress in Berlin erfährt bereits im Vorfeld wegen Antisemitismusvorwürfen viel Gegenwind. Die Veranstalter*innen wollen Gäste geheimhalten, um Einreiseverbote zu umgehen.

Matheus Hagedorny

Aufgemuckt

»Die Koalition setzt vollständig auf Beton.«

Ferat Koçak
Linke-Abgeordneter und umweltpolitischer Sprecher

Meine Sicht: Teurer Neubau ist keine Lösung

Neubau und niedrigere Mieten also. Eine Anfrage des Linke-Politikers Niklas Schenker hat jetzt zutage gefördert, was die LWUs tatsächlich für die neu gebauten, frei finanzierten Wohnungen an Miete verlangen. Die Gesobau verlangt nach eigenen Angaben im Schnitt 15 Euro pro Quadratmeter, die WBM hat laut Senat Spitzenwerte von 18 Euro angegeben. Für eine riesige 35 Quadratmeter-Wohnung darf man dann läppische 630 Euro löhnen. Die um sich greifende Wohnungsnot führt immerhin dazu, dass es fast keinen Leerstand gibt. Die Wohnungen sind bei den meisten LWUs innerhalb eines Monats vermietet.
Kapital & Arbeit

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