Muckefuck. Berlin. Links. Ungefiltert.

Freitag, 29. November 2024

Kleine Bäume, große Wirkung:
In Lichtenberg werden Tiny Forests fürs Klima gepflanzt

Bibliothek bangt um Bücher:
Die ZLB demonstriert für den Einzug in das ehemalige Lafayette


Bakterienbefall im Trinkwasser:
In vier Heimstaden-Häusern wurden Legionellen gefunden
Julia Meier
Guten Morgen,

eine gute Nachricht erhellt das Herz. Darum füttert euch der »Muckefuck« in diesen grauen Zeiten besonders gern mit beglückenden Botschaften aus dem Berliner Osten. Bevor wir uns freuen; noch ein kurzer, schmerzhafter Blick in die Nachrichten von gestern: Dem Berliner Wald geht es immer schlechter. Besonders die Laubbäume leiden, wie euch mein Kollege Patrick Volknant gestern informierte.

Umso notwendiger ist, was heute auf einer 250 Quadratmeter großen Fläche an der Herzbergstraße entsteht: Ein Wald. Aber nicht irgendeiner, sondern der erste von zwanzig Lichtenberger »Tiny Forests«. Ihr habt richtig gehört: Nach den Häusern (aka »Tiny Houses«), werden die Wälder geschrumpft. Viele fleißige Freiwilligenhände pflanzen in diesen Stunden über 800 Bäume, die in den kommenden Jahren einen ökologisch besonders wertvollen Urwald bilden sollen. Ein Schwerpunkt liege dabei auf essbaren Gehölzen »wie Haseln, Esskastanien, Aronia, Holunder oder der Felsenbirne«, sagt Projektleiterin Isabell Steiner dem »Muckefuck«. Wer bei Tiny Forests ein Déjà-Vu-Erlebnis hat: Meine Kollegin Lola Zeller schrieb vor einem Jahr über einen solchen in Reinickendorf.

Tatsächlich ist der Begriff »Tiny Forest« keine Erfindung von Prenzlberger-Guerilla-Gardeners, sondern stammt bereits aus den 70ern. Der japanische Botaniker Akira Miyawaki befasste sich mit einer wichtige Frage: Wie lassen sich kleine Wälder schnell in rasant wachsenden Metropolen integrieren? Denn in Städten schrumpfen nicht nur große zusammenhängende Flächen und grüne Erholungsgebiete. Auch gesunder Boden, den es für Pflanzenwachstum braucht, verschwindet. Miyawaki entwickelte daher ein Konzept zur Analyse und Bearbeitung von Böden im Stadtraum. Wer vertieftes Wissen will, liest am besten auf der Website des Vereins Miya Forest nach.

Die Senatsverwaltung für Umwelt erwartet sich von dem Miniaturwald viel: »Der Tiny Forest nimmt bei Regen Wasser auf, bindet Staub, CO2 und andere Luftschadstoffe und ist nicht zuletzt ein Ort der Erholung, Bildung und Begegnung für die Menschen«, erklärt sie in einer Mitteilung. Auch Axel Haubrok, der das Gelände besitzt, auf dem der erste Lichtenberger Tiny Forest wächst, ist frohen Mutes. Er sagt, er wolle ein Zeichen setzen, um einen »Ort zu schaffen, der ökologisch sinnvoll ist.«

Das Prinzip Schwammstadt zum Schließen von Wasserkreisläufen kommt bei den Tiny Forests ebenfalls zum Tragen: »Miniwälder können als natürliche Schwämme fungieren, die Regenwasser aufnehmen und Überschwemmungsrisiken mindern, gleichzeitig aber auch Schatten spenden und die Stadt abkühlen«, informiert die Senatsverwaltung für Umwelt. Getragen wird das Berliner Projekt übrigens nicht nur von der Senatsverwaltung, sondern auch von der Karuna Sozialgenossenschaft, die mit sozial-ökologischem Engagement bereits seit 2016 die Haupstadt pflegt. Lorbeeren gibt es auch noch an die Eberswalder Hochschule für nachhaltige Wirtschaft zu verteilen, die das Projekt mit fachlicher Expertise bereichert und Tiny Forests groß macht.

Bild des Tages

Der erste Berliner Tiny Forest wächst seit November im Märkischen Viertel. | Foto: dpa/Philipp Brandstädter

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Über die Größe müssen wir auch sprechen, wenn es um die Krise der Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) geht, die sowohl in Mitte als auch in Kreuzberg einen Standort hat. Sie ist die größte öffentliche Bibliothek Deutschlands und beherbergt 3,5 Millionen Medien.

Und dafür fehlt aktuell nicht nur der Platz. Im Standort in Mitte an der Breiten Straße regnet es seit Jahren ins Gebäude. Zuletzt sind dadurch im Juni und Juli Bücher und Schallplatten in Mitleidenschaft gezogen worden. Viele Probleme könnten sich lösen, wenn die Bibliothek in das Gebäude des ehemaligen Nobel-Kaufhauses Galeries Lafayette ziehen würde, wie Kultursenator Joe Chialo (CDU) es bereits vor einem Jahr vorschlug. Nun macht die Sparpolitik, gestützt von seiner eigenen Partei, einen Strich durch die Rechnung. Darum besetzten die ZLB-Mitarbeitenden – geduldet vom Eigentümer – am Donnerstag das Ex-Kaufhaus. Wie das lief, lest ihr bei meiner Kollegin Lola Zeller.


Das eine Projekt versucht, das Wasser wieder in seinen natürlichen Kreislauf zu bringen, indem es Bäume pflanzt, die Regenwasser speichern und die Stadt abkühlen. Ein anderer Ort will das aus den Bäumen gewonnene Papier vor Regenwasser schützen, damit Bücherwürmer ihre Gelüste stillen können. Wiederum andere Biester fühlen sich besonders wohl, wenn das Wasser zwischen 20 und 55 Grad heiß ist.

Legionellen heißen sie, mit dem Römischen Heer haben sie aber nichts zu tun. In Berliner Mietshäusern sind diese Bakterien ungebetene Gäste, die in Trinkwasseranlagen leben und Lungenentzündungen auslösen können. Darum müssen Vermieter die Leitungen und Anlagen regelmäßig checken lassen. Nun dürft ihr raten, in den Häusern welches Berliner Vermieters besorgniserregende Legionellen-Werte gemessen wurden und der Verdacht besteht, dass nicht regelmäßig gemessen wurde? Unser Mieten-Experte David Rojas Kienzle klärt euch über Neuigkeiten aus den Abgründen des Immobilienkonzerns Heimstaden auf.


Wünscht euch sauberes Wasser und einen sprudelnden ersten Advent:

Jule Meier
Auch wir Journalist*innen müssen unsere Bohnen verdienen:
Ich trage zur Kaffeekasse bei!

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Christian Lelek

Aufgemuckt

»Ein Schwerpunkt im Lichtenberger Tiny Forest liegt auf essbaren Gehölzen wie Haseln, Esskastanien, Aronia, Holunder oder der Felsenbirne«

Isabell Steiner
Projektleiterin Tiny Forests

Meine Sicht: Bitte um Bücher und Bibliotheken

»Der Marquis de Lafayette (1757-1834) kämpfte in der Französischen Revolution und im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg. Befreiend wäre es, im alten Einkaufszentrum Galerie Lafayette an der Friedrichstraße endlich einen geeigneten Ort für die Zentral- und Landesbibliothek zu finden.«
Andreas Fritsche

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Florian Schmid

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nd bleibt gefährdet

Und später:

Samstag, 30. November ab 19 Uhr
NewYorck im Bethanien
Mariannenplatz 2A
10997 Berlin

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Cook Power Dance Fire lautet das Motto der Soliparty der Schlafplatzorga und von Bilgisaray, zwei Berliner Vereine die sich für das Bleiberecht und die Rechte von Migrant*innen stark machen. Für diese Arbeit braucht es Geld, das am Samstag gesammelt werden soll.
»In these cold and frightening times we want to support each other and fight together, be it to find a safe space to sleep, healthy delicious food, recharge community and collective strengh. We want to keep places of solidarity in Xberg alive«, schreiben die Veranstaltenden.

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Als Universalgelehrter der nd.Redaktion weiß der Wissenschaftsredakteur Dr. Steffen Schmidt auf fast jede Frage eine Antwort – und wenn doch nicht, beantwortet er eben eine andere. Alle Folgen zum Nachhören auf

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