Muckefuck. Berlin. Links. Ungefiltert.

Freitag, 25. April 2025

Der Polizei auf die Finger schauen:
Ombudsstelle für Beschwerden gegen die Polizei veröffentlicht Jahresbericht

Den Bäumen den Rücken stärken:
Initiativen protestieren gegen Baumfällungen in Tempelhof
Julia Meier
Guten Morgen,

während unter Linken vielerorts über die Überwachung von Polizeiarbeit diskutiert wird, geht häufig unter, dass es in Berlin eine Ombudsstelle für Beschwerden gegen die Behörde gibt. Alexander Oerke ist seit 2022 unabhängiger Bürger- und Polizeibeauftragter in der Hauptstadt. Vergangene Woche hat er seinen Jahresbericht für 2024 veröffentlicht: Von den 784 eigegangen Beschwerden hat er 5,6 Prozent als begründet und 17,8 Prozent als unbegründet bewertet.

Bevor euch der »Muckefuck« von Beamten erzählt, die ihre Macht ausnutzen, um im privaten Konflikt unliebsame Kleingärtner loszuwerden und vom Staatsschutz, der einen Neunjährigen überwacht, noch ein paar Worte zur Unabhängigkeit:

Der Polizeibeauftragte hat den gesetzlichen Auftrag, das »partnerschaftliche Verhältnis zwischen Bürgern und Bürgerinnen und Polizei zu stärken.« Von den neun Mitarbeitenden in der Ombudsstelle befassen sich vier mit der inhaltlichen Bearbeitung der Fälle, drei davon sind ehemalige in die Stelle versetzte Polizeibeamte. Auch Menschen, die keine deutsche Staatsbürgerschaft haben, können sich an die Stelle wenden. Ihre Anliegen sollten bestenfalls in Deutsch und Englisch verfasst sein. Eine Übersetzungshilfe kann die Ombudsstelle gegebenenfalls stellen.

Und nun ans Eingemachte: Ein besonders absurder Fall aus dem Jahresbericht von Oerke erzählt von drei Polizeibeamten, die eine Kleingärtnerin mit gefälschten Parkanzeigen schikanieren. Einer der Beamten ist Nachbar im Kleingarten, ein anderer Vorstand des Kleingartenvereins. Als die Gärtnerin sich beim Polizeibeauftragten beschwert, versuchen die Beamten, ihr die Parzelle zu kündigen.

Oerkes Ermittlungen deckten auf, was viele vulnerable Gruppen längst wissen: Es gibt Polizeibeamte, die ihre Dienststellung für persönliche Rachefeldzüge nutzen und selbst vor Einschüchterungsversuchen (»Die Dame macht hier Stress, der dürfen ruhig mal ihre Grenzen aufgezeigt werden«) nicht zurückschrecken.

Bild des Tages

Polizisten nehmen während der Besetzung an der Humboldt Universität am 16. April einen Aktivisten in Gewahrsam. | Foto: dpa/Christophe Gateau

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Ein anderer Fall ist der eines Neunjährigen, der vom Staatsschutz überwacht wurde, weil er angeblich ein »Hitler-Bild« in einem Whatsapp-Klassenchat verschickt haben soll. Der Junge hatte aber zum Zeitpunkt seiner Überwachung gar kein Handy. Wie das Landeskriminalamt mit der Mutter umgegangen ist, die nur durch ein Schreiben des Jugendamts von der Überwachung ihres Sohnes erfuhr, wie der Polizeibeauftragte die Behörden-Schikane aufdeckte und was er über diesen Fall hinaus zum Thema Umgang mit »psychisch auffälligen Personen« berichtet, lest ihr hier.

Licht ins Dunkel bringen will auch die Initiative »Volksentscheid Baum«. Statt mit unrechtmäßigen Behördenhandeln, beschäftigt sich die Gruppe mit unverhältnismäßigen Baumfällungen. Denn in der Hauptstadt wurden vergangenes Jahr 5280 Bäume gefällt, aber nur 2571 nachgepflanzt!

Darum ruft die Gruppe dazu auf, heute, am internationalen Tag des Baumes, gegen die geplante Fällung von fast 200 Bäumen am Tempelhofer Damm auf. Statt mehr Asphalt und Parkplätze für dicke SUV's fordern die Aktivist*innen einen radikalen Kurswechsel bei Bauvorhaben. Wie der aussieht, erfahrt ihr hier bei unserer Klima-Expertin und Tierliebhaberin Lola Zeller.

Es grüßt eine Freundin des Wochenendes!

Jule Meier
Auch wir Journalist*innen müssen unsere Bohnen verdienen:
Ich trage zur Kaffeekasse bei!

Was heute noch wichtig ist:

Bahnstrecke Berlin–Hamburg: Das lila Grauen kommt ab August

Weil die Baukosten für die Deutsche Bahn explodieren, sind viele geplante Verbesserungen auf der Strecke über Wittenberge gestrichen worden. Und die Folgesperrung wird schon angekündigt.

Nicolas Šustr

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Berliner Ausstellung: Abriss bedeutet Verdrängung

Günstiger Wohnraum wird abgerissen, teurer Wohnraum neu gebaut: Gegen diese Praxis von Immobilienunternehmen wehren sich Bewohner*innen und Aktivist*innen in der Hauptstadt.

Peter Nowak

Aufgemuckt

»Wenn ich die komplette Ermittlungsakte hätte, könnte ich mich auf die noch unklaren Punke richten und da weiter ermitteln.«

Alexander Oerke, Polizeibeauftragter
zum Fall des nach einem Polizeieinsatz verstorbenen Medard Mutombo

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Interview: Robin Jaspert

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nd.dieWoche schon freitags!

Und später:

Sonntag, 27. April um 15 Uhr
Justizvollzugsanstalt Tegel
Seidelstr. 39, 13507 Berlin

Kundgebung JVA Tegel – Schluss mit der Ausbeutung der Gefangenen!

Die Aufrufenden fordern:
• kein Arbeitszwang!
• Gewerkschaftsfreiheit!
• Mindestlohn!
• Rentenversicherung!
• Inflationsausgleich!
• Anhebung des Taschengeldes auf mind. 100-150 Euro!
• Verpflegungssätze von mind. 10 Euro statt vergammelten Essen!
Sie wollen Klassenkämpfe drinnen und draußen verbinden und das Band der Solidarität mit den Proleten hinter Gittern knüpfen.

Video des Tages

Oldie, but goldie: KRS-One's Sound of the Police | Quelle: Youtube/SloMoFio PoGo

»Klassentreffen« ist ein Podcast über Klasse, Krise und Kultur mit Olivier David. Jeden Monat neu auf
dasnd.de/klasse


Podcast: »Klassentreffen«

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