Muckefuck. Berlin. Links. Ungefiltert.

Dienstag, 16. September 2025

Wetterpat*innen gesucht:
FU Berlin vertickt Namen für Hoch- und Tiefdruckgebiete 2026

Berlin in Verantwortung:
Landesstelle gegen Diskriminierung rügt Polizei im Fall Mutombo

Mehr als Dong-Xuan-Center:
Journalistin Mai führt durch die vietnamesische Community in Lichtenberg
Patrick Volknant
Guten Morgen,

allmählich zieht er wieder zu, der Himmel über Berlin. Ja, auch in diesem Jahr wird sich die Sonne früher oder später von der Hauptstadt verabschieden, bevor sie (nach meteorologischer Einschätzung des »Muckefucks«) frühestens im Juni wieder auftaucht. Für ein bisschen Aufheiterung so kurz vor der grauen Jahreszeit sorgt jetzt immerhin die Freie Universität Berlin. Denn auch wenn das schlechte Wetter selbst sich nicht ändern lässt, kann man ihm zumindest spaßige Namen geben.

Hoch »Ingeborg«, Tief »Wammes«, Tief »Xerxes«: In den Wetterberichten hat das Jahr 2025 schon für einige Höhe- beziehungsweise Tiefpunkte gesorgt. Nun sucht die FU nach neuen Namen für Hoch- und Tiefdruckgebiete im kommenden Jahr. Ab morgen, dem 17. September ab exakt 0 Uhr, können bei der »Aktion Wetterpate« per Mail oder Post Anträge für Wetterpatenschaften zugesendet werden. Für 2026 sind männlich klingende Vornamen für Hochdruckgebiete und weiblich klingende Vornamen Tiefdruckgebiete vorgesehen.

Erstmals eingeführt wurde die Benennung von Hoch- und Tiefdruckgebieten der Berliner Wetterkarte im Jahr 1954, klärt Johann Fechner den »Muckefuck« auf. Der Meteorologie-Student ist Teil des Wetterpaten-Teams, das die Aktion zusammen mit den Meteorolog*innen des Vereins Berliner Wetterkarte betreibt. Durch die Patenschaften finanziert das FU-Institut für Meteorologie die studentische Wetterbeobachtung ihrer Station in Dahlem. »Die Einnahmen decken mehr als die Hälfte der Kosten«, sagt Fechner. »Ohne die Wetterpatenschaften wäre das alles nicht möglich.«

Ein paar Kröten, nicht Wetterfrösche, kostet der Spaß nämlich schon. Während die Patenschaft für ein Tiefdruckgebiet für 290 Euro zu kriegen ist, müssen für ein sonniges Hoch 390 Euro hingeblättert werden. Wer bei der Taufe Geld sparen will, setzt also auf Schlechtwetter. Für den Tiefpreis verantwortlich ist allerdings nicht das schlechte Image, sondern ganz klassisch das große Angebot. Laut Fechner wird das Alphabet pro Jahr etwa zwei Mal für Hochdruckgebiete durchdekliniert, ganze fünf Mal aber für Tiefdruckgebiete. Der Grund: Hochdruckgebiete haben schlichtweg eine längere Lebensdauer.

Beim Einsenden der Anträge lohne es sich, schnell zu sein, so der Meteorologie-Student. »Wenn es viele Namen für die selben Hochs und Tiefs gibt, gewinnen diejenigen, die am schnellsten sind«, sagt Fechner. Exakt voraussagen lasse sich die Zahl der Hochs und Tiefs für 2026 natürlich nicht. Für die hinteren Plätze gebe es Risiko-Angebote, bei denen das Geld erst bezahlt werden muss, wenn es auch wirklich zur Taufe kommt. Im Sinne der FU-Student*innen und Wetterpatenschaften wünscht sich »Muckefuck« also schon jetzt ein turbulentes Wetterjahr mit vielen Höhen und Tiefen. Alles besser als das immergleiche Grau.

Bild des Tages

Frage nicht nach Sonnenschein: Berliner schützt sich am Montag vor einem Regenschauer | Foto: dpa/Kay Nietfeld

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nd die.Woche
Kommen wir zum zweiten Teil des Newsletters, für den es heute leider keine lustige Überleitung geben kann. 64 Jahre war Kupa Ilunga Medard Mutombo alt, als er 2022 infolge eines Einsatzes der Polizei ums Leben kam. Am 14. September traten mehrere Polizeibeamte und Rettungskräfte in seine Berliner Wohnung, um ihn in eine geschlossene psychiatrische Abteilung zu verlegen. Elf Minuten später war der Mann mit kongolesischen Wurzeln bereits bewusstlos. Mutombo hatte jahrzehntelang an einer paranoiden Schizophrenie gelitten.

Bis heute sorgt der Einsatz für Diskussionen. Zeugenaussagen zufolge wurde Mutombo einer Kniefixierung unterzogen, später musste er in der Charité in ein künstliches Koma versetzt werden. Nun hat die Berliner Landesstelle für Gleichbehandlung und gegen Diskriminierung eine formelle Beanstandung ausgesprochen und fordert die Berliner Polizei zur Abhilfe auf. Die Stelle sieht das Land Berlin beim Tod Mutombos somit in der Verantwortung. Was genau das alles bedeutet, weiß Jule Meier, die unter anderem den Innensenat um Stellungnahme gebeten hat.

Gemeinsam mit unserem Redakteur Andreas Fritsche geht es derweil nach Lichtenberg. Mit rund 12.500 Landsleuten stellt der Berliner Bezirk das größte Zentrum der vietnamesischen Diaspora in Deutschland dar. Über das Leben der Vietnames*innen im Kiez wissen allerdings nur die wenigsten Berliner*innen Bescheid, mehr als über den letzten Besuch im Dong-Xuan-Center gibt es in der Regel nicht zu berichten. Mehr weiß die Journalistin Marina Mai, die bei zweistündigen Radtouren über Geschichte und Gegenwart der vietnamesischen Community in Berlin informiert.

»Ich bin als Quereinsteigerin über vietnamesische Themen in den Journalismus gekommen«, sagt Mai, die auch häufig für »nd« berichtet hat. Schon 2011 hatte Mai vergleichbare Radtouren angeboten, seit vergangenem Jahr geht sie das Projekt wieder an. Alles Wissenswerte zur Tour und schon die eine oder andere Info zur vietnamesischen Kultur in Berlin
findet ihr hier.

Ist beim Schreiben gerade selbst neugierig geworden:
Patrick Volknant
Auch wir Journalist*innen müssen unsere Bohnen verdienen:
Ich trage zur Kaffeekasse bei!

Was heute noch wichtig ist:

Femizide in Berlin: Rote Schuhe in Wilmersdorf

Am Mittwoch gedenken Frauenhaus-Mitarbeiter*innen einer getöteten Frau in Wilmersdorf. Am Sonntag gab es bereits eine kleine Aktion für eine andere Getötete in Gesundbrunnen.

Lola Zeller

Des Kaisers Enkel wollte Hitler absetzen

Ein Thronfolger ohne Thron, der sich gegen Adolf Hitler verschwört und 1940 als Wehrmachtsoffizier in Frankreich fällt – erste Biografie über Kaiser Wilhelms ältesten Enkel erschienen.

Andreas Fritsche

NS-Gedenken in Berlin: Zwischen Ausgrenzung und Zusammenhalt

Vor 80 Jahren wurden im Neuköllner Werner-Seelenbinder-Sportpark Antifaschisten geehrt. Jetzt kehrt die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes zum Tag der Mahnung und Erinnerung an diesen Ort zurück.

Peter Nowak

Aufgemuckt

»Es kann noch alles passieren. Sie können platzen oder einfach zerfallen.«

Brandenburgs Kürbis-König Oliver Grafe über seine zwei Gewächse zur Kürbiswiegemeisterschaft

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Hermannus Pfeiffer

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Und später:

Heute, 16. September um 17 Uhr
Treffpunkt: Haus der Kulturen der Welt
John-Foster-Dulles-Allee 10
10557 Berlin
Teilnahme kostenlos

Kiezspaziergang durch den Großen Tiergarten

Gemeinsam mit Expert*innen geht es heute ab 17 Uhr auf einen Spaziergang durch den Großen Tiergarten mit Halt an vier besonderen Stationen, die von Widerstand, Kämpfen und queerer Emanzipation erzählen. Startpunkt ist das Haus der Kulturen der Welt, gefolgt vom Denkmal für die erste homosexuelle Emanzipationsbewegung, den Skulpturen gegen den Krieg (an der früheren Krolloper) sowie der Gedenkstele für die ermordeten Reichstagsabgeordneten. Von den Denkmälern und Kunstwerken ausgehend werden die Berliner Geschichte reflektiert und Parallelen zur Gegenwart gezogen: Was kann man für aktuelle Kämpfe lernen? Wie funktioniert Erinnerungskultur in Deutschland – und für wen? Zum Abschluss gibt es Tee und Snacks.

Video des Tages

Berliner Polizei auf Schwanenjagd | Quelle: Instagram/dasistberlinbitch

»Europa to go« ist ein Podcast, der dich mit ins »Herz« der EU nimmt. Begleite uns nach Brüssel und erfahre mehr über Institutionen wie das Europäische Parlament, was dort entschieden wird und warum dich das etwas angeht.

dasnd.de/europa-to-go

Podcast: »Europa to go«

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