Muckefuck. Berlin. Links. Ungefiltert.

Dienstag, 09. Januar 2024

Der Baum soll weg:
Weihnachtsbaumweitwurf für den guten Zweck und die Spendenquittung

Die Wald soll weg:
Der Emmauswald soll für Neubau gerodet werden, die Anwohner*innen sind dagegen


12 Prozent sollen weg:
Der neue Mehrwertsteuersatz für die Gastronomie ist der alte
Nathan Mattes
Guten Morgen,

und frohes Neues!

2024 ist noch jung, aber die Gemüter sind schon jetzt erhitzt: Silvester flogen Fetzen und Böller, Bäuer*innen proben aktuell und auch in der Hauptstadtregion den Aufstand, vielerorts unterstützt von Rechten mit Umsturzphantasien. König Kai Wegner (CDU) von Berlin hat laut seinem Anwalt eine neue Flamme und ab Mittwoch heizt auch noch die GDL der Bahn wieder ordentlich ein. Und auch der Muckefuck will 2024 wieder für muckelige Morgen sorgen.

Vorm neuen Jahr ist bekanntlich Weihnachten. Für viele gehört da natürlich auch ein Weihnachtsbaum dazu, mit echten Kerzen oder E-Kerzen und jedes Jahr etwas weniger Lametta als zuvor. Aber was passiert eigentlich danach mit Nordmann-Tanne und Co.?

Viele landen auf der Straße, manche hingegen lernen fliegen: Ein schwedischer Möbelkonzern reitet dieses Pferd seit geraumer Zeit und bringt diesen Trend auch ins beschauliche Berlin: Freiwillige konnten vor einer Filiale die jungen Bäume durch die Gegend schleudern, schmeißen, werfen, stoßen, galt es doch, einen Rekord von knapp 20 Metern zu schlagen. Dabei ist die Technik entscheidend – und Rückenwind. Das Möbelhaus überreichte einem gemeinnützigen Wohnprojekt anschliessend öffentlichkeitswirksam einen Scheck.

Praktisch, denn am Ende gewinnen alle: Die Werfer*innen haben Spaß, die Bäume gerüchteweise auch und der gemeinnützige Verein bekommt Geld. Am meisten aber dürfte der selbstlose Konzern von der Aktion und der Aufmerksamkeit profitieren. Und kann natürlich eine Spende steuerlich absetzen. Friede, Freude, Eierkuchen.

Bild des Tages

Bekanntes Flugobjekt: Weitfliegende Weihnachtsbäume gesichtet! | Quelle: dpa/Frank Hammerschmidt

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Friede, Freude, Eierkuchen halten in Berlin bekanntlich nicht lange, vor allem, wenn es um bezahlbaren Wohnraum geht. Die SPD will mal wieder ihren »Bauen, Bauen, Bauen«-Fetisch ausleben (Bitte nicht mit mit »Bauern, Bauern, Bauern«-Fetisch verwechseln). Dieses Mal will sie die Axt an den Emmauswald legen, ein ehemaliger Friedhof und der größte Wald in Neukölln.

Das Problem, dass es zu wenig bezahlbaren Wohnraum in Berlin gibt, lässt sich natürlich nicht über Vergesellschaftung lösen, sondern nur durch den Markt – mit Wohnungsneubau im hohen Preissegment. Wer Probleme mit hohen Mieten hat, soll halt Eigentum erwerben.

Das zarte Pflänzchen Eigentumswohnung wächst und gedeiht am besten in schönen Parks, deshalb soll der Wald für 440 Wohnungen gerodet werden, auf die Brachfläche daneben sollen 200 Sozialwohnungen kommen. Von den 79 leerstehenden Wohnungen auf der anderen Straßenseite reden wir an dieser Stelle noch nicht mal oder davon, wie eine Stadt von Wald profitiert.

Von den Plänen sind die Anwohner*innen verständlicherweise wenig begeistert: Am Montag haben sich morgens bei klirrender Kälte 30 Menschen vor dem Abgeordnetenhaus versammelt, um die Mitglieder vom Stadtentwicklungsausschuss zu erinnern, für wen die Berliner Politik Politik machen sollte: Für die Menschen oder die Konzerne und ihren Profitinteressen? David vom Team Hauptstadtregion war für euch dabei, damit ihr euch nicht die Pfoten abfrieren musstet.

Aber egal, ob man gegen Luxusneubauten kämpft oder Bäume durch die Gegend wirft: Ohne Mampf kein Kampf. Die einen kochen selbst, die anderen umarmen während einer Pandemie öffentlichkeitswirksam den belarussischen Konsul nach einem gemeinsamen Schnitzel in Mitte so wie FDP-Chef Christian Lindner.

Während die Gastronomie und in den letzten Jahren nur sieben Prozent auf Essen vor Ort abführen musste, sind es jetzt entgegen dem Versprechen von Klimakanzler Olaf Scholz (SPD) wieder 19 Prozent. Der Zeitpunkt ist dabei durchaus umstritten, denn Krise ist noch immer.

Für viele dürfte ein Restaurantbesuch noch unerschwinglicher werden. Einige Gastronom*innen können die verringerten Margen nicht über Preiserhöhungen wieder reinholen. Muckefuck-Kollege Moritz hat sich umgehört, wie die Branche damit umgeht: Unter Umständen fallen Arbeitsplätze weg.

Wen es ebenfalls betrifft: Schulkantinen. Einige Caterer werden die gestiegenen Kosten an ihre Kund*innen weitergeben. Für Grundschulkinder zahlt das Land Berlin die Zeche, Oberschüler*innen oder ihre Eltern müssen selbst schauen, von welchem Geldbaum sie die Scheine pflücken. Wohl bekomm’s!

Hatte dieses Mal wieder keinen Weihnachtsbaum:
Nathan
Auch wir Journalist*innen müssen unsere Bohnen verdienen:
Ich trage zur Kaffeekasse bei!

Was heute noch wichtig ist:

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Schlechte Arbeitsbedingungen in den Gesundheitseinrichtungen drängen immer mehr Beschäftigte in die Zeitarbeit. Verdi und die Berliner Krankenhausgesellschaft schlagen Alarm und fordern den Senat zum Handeln.

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Protest gegen Bebauung des Tempelhofer Feldes: Oh, Tannen-Raum

Während der Berliner Senat das Gesetz zur Nicht-Bebauung des Tempelhofer Feldes aufweichen will, setzen sich Aktivist*innen für den Naherholungsort ein – und protestierten am Samstag mit alten Weihnachtsbäumen.

Laura Meng und Nora Noll

Antisemitismusklausel: Prävention oder »Gesinnungsschnüffelei«?

Kultursenator Joe Chialo (CDU) will Förderung an Bekenntnisse gegen Antisemitismus knüpfen. Manche Kulturschaffende sehen die Kunstfreiheit eingeschränkt. Im Kulturausschuss wird debattiert, warum es keinen Dialog gab.

Marten Brehmer

Aufgemuckt

»Krise ist in der Gastro noch immer. Die Erhöhung kommt viel zu früh.«

Maurice Höfgen
Ökonom zur Anpassung der Mehrwertsteuer für Restaurants
Comics & Adorno

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