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Ihre Tagesvorschau für den 12. November 2025

Matthias Monroy
Ressort Politik

Liebe Leser*innen,

seit der sogenannten Migrationskrise ist die EU-Grenzagentur Frontex sprunghaft gewachsen. Was 2005 in Warschau als kleine Koordinierungsstelle begann, verfügt heute über eigene Flugzeuge und Drohnen, die etwa im Mittelmeer aufklären – zum Nutzen der libyschen Küstenwache, die aufgegriffene Migrant*innen umgehend zurückbringt. Nun steht die nächste Reform an: Die ab 2019 eingerichtete »Ständige Reserve« soll auf 30.000 Beamt*innen anwachsen. Frontex soll sich künftig auch um »hybride Bedrohungen« kümmern – ein Begriff, der alles vom Drohnenangriff bis zum Flüchtlingsboot umfassen kann. Außerdem soll die Agentur verstärkt außerhalb der EU tätig werden, etwa bei Abschiebungen aus Drittstaaten. Kritiker*innen bemängeln, Frontex entziehe sich zunehmend jeder demokratischen Kontrolle. Die Behörde bestätigt das zuverlässig – durch immer neue Befugnisse und ein jährliches Budget, das bald die Milliardengrenze übersteigt.

Ganz auf dieser Linie liegt die neue »Schnelle Eingreiftruppe«, die Frontex derzeit aufbaut. Sie soll bei sich »rasch verändernden Situationen« einspringen – also immer dann, wenn politische Symbolik gefragt ist. Neben den Außengrenzen nennt Frontex als Einsatzgebiete auch Großereignisse wie Gipfeltreffen, Sportveranstaltungen oder UN-Konferenzen. 2020 war ein solcher Moment: Als der türkische Präsident Erdoğan Geflüchtete an die griechische Grenze drängen ließ, schickte die EU bewaffnete Frontex-Teams mit Ausrüstung zur »Crowd Control«. Die neue Eingreiftruppe soll diese Fähigkeit nun institutionalisieren – und schafft damit erstmals eine uniformierte und bewaffnete EU-Polizei.

Auch die Bundesregierung setzt auf Ausweitung der Grenzpolitik und will nach eigenen Angaben Flucht über den Ärmelkanal (und die Hilfe dazu) unter Strafe stellen – obwohl Deutschland dort bekanntlich keine Grenze hat. Eine entsprechende Änderung im Aufenthaltsgesetz soll die die Kanalroute erfassen und ist Teil des deutsch-britischen »Kensington Treaty«. Seit einigen Jahren sind Bundespolizei und BKA bereits zur Bekämpfung von Migration über über den Ärmelkanal aktiv, nun gibt es dazu auch Zahlen: In den vergangenen zwei Jahren verzeichnet das Bundesinnenministerium 35 Festnahmen und 63 Durchsuchungen. Die Ausreise aus Deutschland zu kriminalisieren, noch dazu über ein Meer, das gar nicht angrenzt, sei »absurd«, sagt dazu die Linken-Abgeordnete Clara Bünger.

Eine informative Lektüre wünscht
Matthias Monroy aus dem Politik-Ressort

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