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Ihre Tagesvorschau für den 3. April 2024

Martin Ling
Ressort Politik

Liebe Leser*innen,

die Aufklärung der Verbrechen in der deutsch-chilenischen Sektensiedlung Colonia Dignidad verläuft seit Langem schleppend, ebenso die Auszahlung von Entschädigungen. Kein Wunder, dass so manchem Opfer der Gedudsfaden reißt. Knapp 20 Personen, die sich selbst als »colonos indignados«, also als »empörte Bewohner*innen« der ehemaligen Colonia Dignidad in Chile bezeichnen, blockieren die Straße, zeigen selbst gemalte Transparente und verteilen Flugblätter. Sie fordern die Nachzahlung unterschlagener Löhne und Sozialabgaben, die gerechte Verteilung von Land und eine Umstrukturierung der wirtschaftlichen Verhältnisse der deutschen Sektensiedlung, die inzwischen Villa Baviera (Bayrische Siedlung) heißt. Denn die ist als intransparente Aktienholding strukturiert, in der sich Macht und Vermögen auf einige Wenige konzentrieren.

Dieser Protest im März war ein außergewöhnliches Ereignis, aber es soll nicht dabei bleiben. „Wollen wir sehen, ob sie darauf hören. Wenn nicht, machen wir weiter“, sagt Doris Gert. Die 55-Jährige ist in der Colonia Dignidad aufgewachsen, musste von Kindheit an hart arbeiten, wurde geschlagen und mit Psychopharmaka ruhig gestellt.
Auch auf Regierungsebene kommt die Aufarbeitung derzeit nicht voran. Planungen für die – lange fast sicher geglaubte – Errichtung einer Gedenkstätte und eines Dokumentationszentrums sind festgefahren, kritisiert der kulturpolitische Sprecher der Linken im Bundestag, Jan Korte. Dabei haben sich Chiles Präsident Gabriel Boric und Bundeskanzler Olaf Scholz im Januar 2023 öffentlich für eine Gedenkstätte ausgesprochen. Weiter Druck auf die Villa Baviera und die Regierungen zu machen lautet die Devise, damit sich etwas bewegt.



Eine aufschlussreiche Lektüre wünscht
Martin Ling aus dem Politikressort

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Mein Beitrag für guten Journalismus.

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